
Mallorca Zeitung BRIGITTE ROHM
In Palma mit seinen Museen und seiner hohen Galeriendichte mag das kulturelle Herz der Insel schlagen. Doch auch die kleinen Orte im Südosten legen sich als kreative Hotspots mächtig ins Zeug: Felanitx und Santanyi feiern jeweils mit rund 200 beteiligten Künstlern ihre eigenen, rauschenden Kunstnächte. Und die dortige Kunstszene bekommt immer wieder neue, spannende Impulse. So hat vor Kurzem Anja Maria Wolf (Jahrgang 66, daher der Name ihrer „a66 Gallery”) im Zentrum von Santanyi Quartier bezogen. „Ich bin jetzt im dritten Monat”, sagt sie beim MZ-Besuch und lacht.
Die Deutsche lebte seit ihrem Abitur in Italien. Der Liebe wegen zog sie vor acht Jahren nach Mallorca, war aber mit ihrer Tätigkeit als Kunstberaterin zuletzt noch in Norditalien fest verankert. Nun wollte sie nicht mehr pendeln und eröffnete daher ihre eigene, kleine Galerie mit drei Räumen und einem hübschen Innenhof, der nahezu perfekt für Vernissagen geeignet ist. Ihr breites Netzwerk mit vielen Kontakten zu Künstlern stellt eine wertvolle Basis für das neue Projekt dar. „Die erste Ausstellung, die ich hier gemacht habe, war natürlich Bombe”, sagt Wolf. In der Schau „La Dolce Vita” war unter anderem Susannah Martin vertreten.
Die aktuelle Gruppenausstellung „midsummer group” ist bunt gemischt, teils ein wenig kommerzieller, aber immer frisch und ungewöhnlich. Und viel internationaler geht es kaum: Mit dabei sind etwa Paolo Pilotti aus Rom, die Griechin Emi Avora mit Wohnsitz in Singapur oder Jana Jacob, eine Deutsch-Thailänderin, die mit einem frechen Pinselstrich und mit ungewöhnlichen Perspektiven punktet.
Highlights sind auch die Arbeiten der spanischen Künstlerin Guadalupe Carracedo, die auf Mallorca lebt und hier schon Kunstpreise gewann. Für ihr „Poemario de Fragmentos” setzte sie auf der Leinwand von den Wellen angeschwemmte Fundstücke in ganz neue, poetische Kontexte. Andere Werke von Carracedo zeigen zarte, filigrane Pflanzenmotive in Acryl auf Seidenpapier. Dass diese hier einmal in Pink, Blau und Grün leuchten statt wie bis dahin in nüchternem Schwarz, ist einer konkreten Anregung von Wolf zu verdanken – „weil ich das Gefühl habe, dass die Leute ein bisschen mehr Farbe brauchen”, sagt die Galeristin.
Dass sie selbst ebenfalls Künstlerin ist, mag dazu beitragen, dass Wolf ihre Arbeit nicht nur als Business versteht: Man merkt deutlich, wie sehr ihr die Künstler am Herzen liegen. Sie betont etwa, wie „stolz” sie auf den aufstrebenden französischen Künstler Camille Theodet sei, der in seinen fotorealistischen Bildern Tier-Mensch-Konfrontationen und paradoxe Paarungen darstellt: „Ich glaube, dass wir von ihm noch viel hören werden”, so Wolf. Und von der Belgierin Peggy Wauters, deren originelle Keramikarbeiten die Schau auflockern, trägt sie selbst gleich drei Anhänger als Schmuck um den Hals – es wirkt wie ein Zeichen der Verbundenheit.
Obwohl nicht jede Kunst, die sie präsentiere, ihrem ganz persönlichen Geschmack entspreche, müsse sie es immer „britzeln spüren”, sagt die Galeristin, die guten Künstlern eine Plattform bieten möchte. Was letztlich funktioniert, wird die Zeit zeigen. Es braucht ein wenig Geduld, um sich mit einer neuen Galerie zu etablieren. Im kommenden Jahr will Wolf mehr Einzelausstellungen ins Programm nehmen. Die anstehende Kunstnacht im Oktober möchte sie neben einer Gruppenschau auch für eine One-Room-Ausstellung mit dem jungen deutschen Künstler Moritz Moll nutzen.
MALLORCA ZEITUNG – Nr. 1.269 – 29. August 2024
FOTOS: NELE BENDGENS:
– Anja Maria Wolf in ihrer Galerie – neben farbenfrohen Arbeiten von Emi Avora und Guadalupe Carracedo (oben)
– Collecting art gives you better orgasms (unten rechts) • Der Spruch im Innenhof ist laut Wolf beliebtes Fotomotiv und ging auf Instagram viral.
– Blick in einen Raum der aktuellen Gruppenausstellung „midsummer group”. (unten links)
INFORMATION: A66 Gallery Ausstellung „midsummer group”, bis 28. September, Carrer de Cas Majoral, 8, Santanyi, geöffnet Mo.-Sa. 10-14 Uhr und mit Termin